Schulter

Die Schulter ist ein sehr komplexes Gelenk. Die Bewegung der Schulter kommt nur ca. zur Hälfte aus dem Schultergelenk. Ein grosser Teil kommt durch das Gleiten des Schulterblattes auf dem Brustkorb und ein letzter kleiner Teil durch das Mitbewegen der Brustwirbelsäule zustande.

Das Schultergelenk ist ein Kugelgelenk und durch die kleine Gelenksfläche nur wenig durch Bandstrukturen und die Gelenkskapsel geschützt. Die Stabilität der Schulter wird dynamisch sichergestellt durch das Zusammenspiel der umliegenden Muskulatur. Einer der wichtigsten Stabilisatoren ist die Rotatorenmanschette. Sie spannt die Kapsel an und erhöht die Kompression und damit die Stabilität im Gelenk.

Schulterbeschwerden:

Die Unterteilung der Schulterbeschwerden gestaltet sich schwierig durch das enge Zusammenspiel der vielen Strukturen. Weiter spielt bei Schulterbeschwerden beim Kletterer die Biomechanik eine wichtige Rolle. Die biomechanische Belastung der Schulter beim Klettern ist naturgemäss hoch. Strukturelle Veränderungen der Schulter (welche im Alltag oft beschwerdefrei sind) können bei hohen Belastungen Beschwerden auslösen. Es können aber auch bei strukturell intakten Schultern bei hohen Belastungen Beschwerden auftreten. Hier können die Ursachen ungünstige Bewegungsmuster, muskulären Dysbalancen, ungenügende Beweglichkeiten und Kraftdefizite in bestimmten Muskelgruppen sein.

Ist man sich unsicher und die Beschwerden anhaltend lohnt sich meist die klinische Untersuchung durch eine/n erfahrene/n Sportarzt/ärztin oder SportphysiotherapeutIn. Anhand der Untersuchung kann entschieden werden, welche weiteren Schritte sinnvoll und nötig sind. Fachärzte entscheiden dabei oft zwischen konservativem und operativem Vorgehen. Konservativ bedeutet Behandlung ohne Operation. Häufig wird Physiotherapie verordnet. Operatives Vorgehen bedeutet Behandlung durch eine Operation. Hier ist die physiotherapeutische Begleitung nach der Operation sinnvoll.

Labrum:

Das Labrum ist die Gelenkslippe um die Schulterpfanne. Bei ungenügend kontrollierten Bewegungen oder einem Ausrutscher der Füsse, sowie starken rotatorischen Komponenten kann es zu Teilausrissen und Verletzungen des Labrums kommen.

Labrumrisse werden häufig ohne Operation nachbehandelt.

Luxationen:

Das `Ausrenken` der Schulter kann durch ähnliche Mechanismen wie die Labrumverletzungen entstehen. Häufig sind vordere Luxationen. Dabei kann das Labrum und der Schulterkopf mitverletzt werden.

Der Arm kann nicht mehr bewegt werden. Bei einer ersten Luxation sind häufig auch starke Schmerzen vorhanden und die Schulter muss `eingerenkt` werden, was durch eine erfahrene Fachperson passieren sollte um Zusatzverletzungen zu vermeiden.

Risse der Rotatorenmanschette:

Auch hier sind die Ursachen ähnlich. Teilrisse der Rotatorenmanschette (häufig Supraspinatus, manchmal auch Infraspinatus oder Subscapularis)r kommen zwischen 40-60 Jahren oft auch ohne Trauma und asymptomatisch vor, was die Beurteilung im Falle einer Verletzung oft erschwert. Je nach Ausmass und Art der Verletzung kommt ein konservatives oder operatives Vorgehen in Frage. Dies muss individuell mit einem Facharzt geklärt werden.

Risse der Bizepssehne:

Risse der Bizepssehne können durch Sturz oder Überlastung entstehen. Wichtig ist die Unterscheidung der Risse: Reisst der Biceps Schulternah (meist die lange Bicepssehne) ist die Krafteinbusse nur 10-20%, da über die kurze Bicepssehne kompensiert werden kann. Reisst die Bicepssehne im Ellbogenbereich ist der Kraftverlust 30-40%, da andere Muskeln die Funktion übernehmen müssen. Daher wird bei ellbogennahen Rissen häufiger operiert.

Beschwerden ohne Verletzung:

Subacromeales Schmerzsyndrom:

Subacromeales Schmerzsyndrom bedeutend Schmerzen unter dem Schulterdach (Acromeon). Es werden verschiedene mögliche Formen unterschieden. Beschwerden in diesem Bereich sind häufig. Genetische Voraussetzungen können gewisse Beschwerden begünstigen. Bewegungs- und Haltungsmuster, sowie die Qualität der Steuerung des komplexen Muskelsystems beeinflussen die Entstehung von Beschwerden.

Je nach Ursache und Beschwerden werden andere Behandlungsmethoden empfohlen. Die Behandlungsoptionen gehen von konservativer Behandlung mittels Physiotherapie, zu Infiltrationen mit Cortison ins Gelenk bis zu arthroskopischen Schulteroperationen. Wichtig ist hier ein gutes Abwägen der Vor- und Nachteile einer Behandlungsoption. Die Entscheidung muss individuell aufgrund der klinischen und diagnostischen Situation getroffen werden.

Instabilität:

Schulterinstabilitäten können durch eine Verletzung (wie z.B. eine Luxation) oder durch ein schlechtes Zusammenspiel des komplexen Muskelsystems entstehen (muscle patterning).

Auch eine genetische Veranlagung (Hyperlaxität) kann zu einer Instabilität in der Funktion führen.

Eine verletzungsbedingte Instabilität sollte immer im Austausch mit einem Schulterspezialisten angeschaut und besprochen werden. Je nachdem wie gross die Verletzungen sind, wie häufig die Schulter bereits verletzt wurde und welchen Anspruch man an die Funktion hat wird ein operatives oder konservatives Vorgehen empfohlen.

Eine genetische Hyperlaxität ist eine Voraussetzung, welche andere mechanische Voraussetzungen schafft wie bei durchschnittlich beweglichen Personen. Wichtig bei hyperlaxen Personen ist das Sicherstellen der Kontrolle dieser Beweglichkeit auch in den endgradigen Positionen. Dies kann durch ein angepasstes Übungsprogramm erreicht werden. Dies ist auch beim muscle patterning der wichtigste therapeutische Ansatz.

Unspezifische Schulterschmerzen/Functional Disorder/Muskuläre Dysbalance:

Manchmal sind Schulterschmerzen schwierig einzuordnen. Wichtig ist immer eine gute körperliche Untersuchung, um strukturelle Verletzungen (durch Überlastungs oder Verletzungsmechanismus) auszuschliessen.

Trotzdem sind Schmerzen bei bestimmten Bewegungen oder Positionen recht häufig ohne dass ihnen eine strukturelle Verletzung zu Grunde liegt. Ich nenne diese Beschwerden Functional Disorder, weil die Funktion gestört ist, nicht aber die Struktur. Die Schulter ist durch ihre grosse Beweglichkeit und die vielen Gelenke, welche an der Bewegung beteiligt sind prädestiniert für funktionelle Störungen. Die Funktion kann gestört sein durch fehlende Beweglichkeit einzelner beteiligter Gelenke, biomechanisch ungünstigen Bewegungsmustern im Zusammenspiel oder Ablauf und Kraftdefiziten.

Kann man dies durch ein gezieltes Training positiv beeinflussen, gehen auch die Beschwerden zurück.